Mit Arthrose bezeichnet man den „Verschleiß“ eines Gelenkes, wobei niemand bisher den wirklichen Mechanismus kennt, warum ein solcher Verschleiß entsteht. Es gibt einige Ideen, wodurch der Verschleiß gefördert werden könnte. Hierzu zählt als Risikofaktoren:

  • Ein deutliches Übergewicht mit einem Body-Mass-Index (BMI) von mehr als 30kg/m². Somit bei 180cm Körpergröße ein Gewicht von mehr als 100kg.
  • Vorausgegangene Operationen mit Verkleinerung eines Meniskus oder auch der mehr oder weniger kompletten Meniskusentfernung nach einem Meniskusriss oder einer Meniskusabnutzung
  • Instabilität des Kniegelenkes durch vorausgegangene Verletzungen der Kreuzbänder und/oder Seitenbänder auch ohne Fehlstellungen und auch nach operativen Korrekturen der Seiten- oder Kreuzbänder
  • Die Fehlstellung des Gelenkes durch vorausgegangenen Unfall, Operation oder auch eine angeborene Störung
  • Chronische Entzündungen wie Gicht oder Rheuma in allen Ausprägungen
  • Verkalkungen von Meniskus und/oder Knorpel, Chondrocalcinose genannt

Die früher oft angeführten Gründe wie Überbelastung, was auch immer das sein soll, oder genetische Gründe treffen in der Regel nicht zu. Es gibt jedoch schon eine familiäre Häufung solcher Arthrosen ohne daß ein klarer Erbgang oder eine „Ansteckung“ nachweisbar wäre.

Die sichere Feststellung (Diagnosestellung) der Kniegelenksarthrose wird in der Regel durch eine Röntgenaufnahme des Kniegelenkes vorgenommen. Aber vor der bildgebenden Untersuchung mit Röntgen oder ggf. zusätzlicher Kernspintomographie (MRT) sind die Schmerzangaben des Patienten der wichtigste Hinweis. Ruhe- und Anlaufschmerz sowie Belastungsschmerzen werden dann berichtet und sind in der Regel auch der Grund des Arztbesuches. Hinweise können Gelenkgeräusche bei der Bewegung, Einschränkung der Bewegung sowohl in der Streckung als auch in der Beugung sein. Wiederkehrende Gelenkergüsse und/oder Schwellungen bei und nach Belastung, aber auch in Ruhe treten häufig auf. Die Überwärmung des Gelenkes tritt eigentlich erst im späteren Stadium des Verschleiß auf.

Mit dem Patienten muss nach der Diagnosestellung die Therapieplanung besprochen werden. Da es bislang aber keinerlei Erkenntnisse zur Ursache gibt, gibt es auch keinerlei ursächliche Behandlung.

  • Äußerlichen Maßnahmen ist immer der Vorzug zu geben, bevor innerliche Therapien zum Einsatz kommen sollten.
  • Als einfachste Maßnahme gilt die Kühlung des betroffenen Gelenkes mit Eis oder Kühlmanschetten.
  • Wärme kann auch versucht werden, hilft aber meist nicht so gut wie Kälte.
  • Eine Besonderheit ist die Verwendung von Capsaicin- haltigen Salben. Capsaicin wird aus Chili-Schoten gewonnen. Die stark brennende Salbe muß sehr sorgfältig aufgetragen werden. Augen- oder Schleimhautkontakt muß unter allen Umständen vermieden werden.
  • Kniegelenksbandagen diesen der Stabilisierung. Es gibt sie in vielen verschiedenen Größen und Ausführungen. Sie werden aus Rezept verordnet und vom Orthopädietechniker angepasst.
  • Der stabilisierende Effekt wird oft auch mit teilelastischen (Kinesio-)Tapes erreicht. Hierbei ist aber die Wirkung in der Regel nach einigen Stunden nicht mehr vorhanden oder stark abschwächt.
  • Die Verbesserung der Bewegungen und der Beweglichkeit kann durch krankengymnastische (physiotherapeutische) Behandlung angeleitet und unterstützt werden. Viele Sportvereine und Fitnessstudios bieten zudem als niedrigschwelligen Einstieg das Funktionstraining und den Rehasport an. Diese Therapie kann als längerfristige Behandlung mit meist 50 Therapiesitzungen ein- oder zweimal pro Woche zu Lasten der Krankenkasse verordnet werden. Weitere Informationen zum Beispiel bei der AOK. Auf Antrag kann diese Therapie auch manchmal von den Krankenkassen über mehrere Jahre übernommen werden. Im Anschluß sollten die erlernten Übungen lebenslänglich fortgesetzt werden.
  • Eine sehr interessante Behandlung ist die Elektrotherapie. Hierbei wird bei der Behandlung in großen Abteilung wie Reha-Kliniken der Strom nicht nur über auf die Haut aufzuklebende Elektroden in den Körper gegeben, sondern auch als Bad-Therapie. Hierbei kann ein Bein oder auch beide Beine im Wasser sein, sei es in verschiedenen Becken oder auch in einem Bad. Es kommen sowohl Wechselströme als auch Gleichströme oder gepulste Gleichströme zum Einsatz.
  • Die ambulante Weiterentwicklung wird Transkutane Elektrische Nerven- Stimulation (TENS) genannt. Hierbei werden meist 5x5cm große flexible Elektroden im Abstand von 1- 3 Querfingern auf die Hauptschmerzstelle geklebt. Über ein Kabel unter Hemd und Hose wird das Elektrodenpaar mit dem Steuergerät verbunden. Das Steuergerät ist kaum größer als ein Handy und kann in der Hosentasche mitgenommen werden. Meist wird ein Rechtecksignal von 80 Hertz (Hz) eingestellt. Die modernen Geräte stellen sich je nach Einstellung nach 30 bis 99 Minuten aus Stromspargründen aus, können aber jederzeit wieder neu gestartet werden. Die Behandlung ist eine Kassenleistung, die Geräte werden meist über die Orthopädietechnik bestellt.
  • Akupunktur ist seit vielen Jahren ein fester Bestandteil der konservativen Orthopädie. In Deutschland zahlen die Krankenkassen die Akupunktur zur Behandlung der Kniegelenksarthrose als ärztliche Regelleistung.
  • Extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT) kann bei Schmerzen um das gesamte Kniegelenk angewandt werden. Die Behandlung wird in der Regel 3 bis 5 mal meist im Abstand von einer Woche durchgeführt. Sie ist keine Behandlung der gesetzlichen Krankenkasse, wird aber im Einzelfall auf Antrag auch übernommen.
  • Eine entzündungshemmende, meist medikamentöse Behandlung. Hierzu zählen antirheumatische Tabletten wie Diclofenac, Ibuprofen, Celecoxib oder Etoricoxib. Diclofenac gibt es auch als Salbe oder Gel zur äußeren Anwendung. Als Spritze wird Diclofenac nur noch in Ausnahmefällen eingesetzt, da es häufig Allergien auslöst.
  • Reine Schmerzmittel sind leider für viele Patienten mit Knieschmerzen ein unverzichtbarer Bestandteil der täglichen Therapie geworden. Rezeptfrei und damit auch nicht verordnungsfähig ist in Deutschland nur das Paracetamol. Es darf bis zu 8 Tabletten zu je 500mg pro Tag eingenommen werden. Sinnvoll sind jedoch nur 4x500mg, da bei höheren Menge Leberschäden auftreten können, die sich auch zum Teil leider nicht nach Absetzen des Paracetamol normalisieren. Novaminsulfon oder auch Metamizol genannt ist rezeptpflichtig, wird meist gut vertragen, darf auch nur bis maximal 8x500mg oder 4x 2 Tablette zu je 500mg eingenommen werden. Auch hier ist die gängige Dosierung nicht mehr als 4×1 Tablette zu 500mg. Alle stärkeren Schmerzmittel sind Opioide, das heißt Morphinpräparate oder Morphin- ähnliche Präparate. Hierbei ist die Verträglichkeit in der längerfristigen Anwendung oft gut. Die Anwendungen als Tablette oder Pflaster müssen aber mit dem behandelnden Arzt peinlich genau besprochen werden.
  • Falls antirheumatische Medikamente (s.o.) nicht ausreichend sind, können Kortisonpräparate zum Einsatz kommen, sei als Tabletten oder meist als scher lösliche Kristalle zur Depot- Spritze direkt ins Kniegelenk.
  • Wenn mehr oder länger wirksame Therapie gewünscht wird, können Hyaluronsäure- Injektionen in das Gelenk helfen. Es ist jedoch in der Regel keine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen.
  • Das Gleiche gilt für Injektionen mit Thrombozyten-angereichertem Plasma. Eine andere Bezeichnung hierfür ist Autologes Conditioniertes Plasma (ACP). Hierbei wird venöses eigenes Blut durch eine spezielle Zentrifugation von roten und weißen Blutkörperchen befreit, sodass nur noch die Blutflüssigkeit (Plasma) und die Blutplättchen (Thrombozyten) übrig bleiben. Diese werden dann in das Gelenk injiziert. Ich verwende das ACP-System der Fa. Arthrex.
  • Eine Röntgenbestrahlung zur Schmerzlinderung kann durchgeführt werden. Die Strahlenbelastung muß mit den Strahlentherapeuten bzw. Röntgenärzten besprochen werden. Die schmerzlindernde Wirkung kann bis zu einem Jahr anhalten, tritt aber nicht bei jedem Patienten auf.
  • Das Gleich gilt auch für die Anwendung von radioaktiven Injektionen. Das Verfahren heißt Radiosynoviorthese und wird als RSO abgekürzt. Hierfür wird der Nachweis einer sehr deutlichen Entzündung vor der Injektion durch Kernspintomographie oder Knochenscintigraphie von den Strahlentherapeuten gefordert. Diese Behandlung wird von den Krankenkassen übernommen.

Falls alle diese Maßnahmen nicht zum gewünschten Schmerzlinderungseffekt führen sollten und vielleicht auch noch nächtliche Ruheschmerzen hinzukommen. Ist eine operative Therapie mit Ersatz eines Teils des Kniegelenkes als einseitiger Schlittenendoprothese oder auch bei Befall des inneren und des äußeren Anteils des Gelenkes eine „Doppelschlitten“-Endoprothese möglich. Wir nennen diese Form der Endoprothese auch Überkronung wie beim Zahnarzt, da die Orginalform des Gelenkes fast vollständig wiederhergestellt wird. Unbedingte Voraussetzung ist jedoch das Vorliegen eines intakten inneren und eines intakten äußeren Seitenbandes. Sollte der sehr seltene Fall eintreten, dass dies nicht mehr gegeben ist, kann auch eine achsgekoppelte Endoprothese mit längerem Schaft im Ober- und Unterschenkel erforderlich sein.

Als Besonderheit bieten wir die Behandlung der Kniegelenksarthrose im Rahmen von klinischen Studien an. Es werden ständig neue Substanzen entwickelt, die die Entzündung hemmen, die zum weiteren Verschleiß des Kniegelenkes führen. Hierbei kann zwar noch keine kausale, das heißt ursächliche Therapie angeboten werden, Aber diese Behandlungen sind deutlich mehr als die oben genannten symptomatischen Therapie.

Sprechen Sie mich an, wenn Sie weitere aktuelle Informationen wünschen.

Weitere Informationen finden Sie auch in der aktuellen Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie.