Hyaluronsäure bei schmerzhafter Arthrose
Die Behandlung der Kniegelenksarthrose, also der schmerzhaften Verschleißerkrankung des Kniegelenkes mit Bewegungseinschränkung, lässt sich in mehrere Stufen aufteilen: Zu Anfang stehen Bandagenversorgung, antirheumatische Medikamente wie Diclofenac oder Ibuprofen und Schmerzmittel wie Paracetamol oder Tramadol im Vordergrund. Krankengymnastik und Elektrotherapie kann helfen, die Schmerzen zu lindern. Bei weiteren Schmerzen kommen dann Spritzentherapien zum Einsatz, mit denen die Schmerzhaftigkeit des Kniegelenkes vermindert wird und die die Entzündung vermindert werden soll. Die wichtigste Rolle spielt hierbei Kortison, das auch nach mehr als 50 Jahren Einsatz immer noch die stärksten Wirkungen zeigt. Aber wenn auch dies nicht mehr ausreichend hilft oder bereits eine Arthroskopie durchgeführt wurde, wird seit vielen Jahren Hyaloronsäure in das erkrankte Gelenk mittels Injektion gegeben. Seit neuestem ist auch die Akupunktur für die Behandlung schmerzhafter Kniegelenke für alle Kassenpatienten möglich. Die Kniegelenksspiegelung (Arthroskopie) stellt die nächste Stufe der Behandlung dar. Hierbei werden nur sehr kleine Hautschnitte benötigt, um die Innenseite des Kniegelenkes zu betrachten und krankhafte Bereiche zu behandeln und zu entfernen. Die Endoprothese, also das Kunstgelenk stellt dann die letzte Möglichkeit dar, um die Schmerzen zu behandeln.
Wie funktioniert die Therapie einer Arthrose mit künstlicher Gelenkflüssigkeit?
Hyaluronsäure ist der Hauptbestandteil der Gelenkflüssigkeit (Synovia). Daneben ist Hyaluronsäure aber auch in erheblichem Umfang im Gelenkknorpel selber zu finden. Die normale Hyaluronsäure im menschlichen Gelenk ist eine hochmolekulare Substanz, d.h. ein Stoff, der aus sehr vielen Molekülen (Einzelteilen) besteht. Diese einzelnen Moleküle sind dabei zuerst zu langen Ketten zusammengesetzt (man kann sich das vielleicht so vorstellen, als ob man ganz viele kleine Fadenstücke zu einem langen Faden zusammenknotet und dann „dreidimensional“ noch einmal in sich verknäuelt, so als ob man nun diesen sehr langen Faden locker in sich verknäuelt. Hyaluronsäure ist dabei flüssig, aber durch ihre hochmolekulare Struktur zugleich hochviskös, d.h. sie ist nicht dünn wie Wasser, sondern fließt eher zäh wie flüssiger Honig. Wenn sich das Gelenk bewegt, verhindert diese gewissen Zähigkeit / Viskosität, daß die Schmierflüssigkeit aus dem Gelenkspalt herausgequetscht wird und der Schmierfilm abbricht.
Hyaluronsäure hat neben ihrer hohen Viskosität noch die besondere Eigenschaft, daß sich die Viskosität / die Fließeigenschaften der Hyaluronsäure in Abhängigkeit von ihrer Beanspruchung ändern.
Wenn ein Gelenk mit der Bewegung beginnt, ist in der Anlaufphase der Bewegung die Reibung und die Beanspruchung der Gelenkflächen am höchsten. Man braucht also in diesem Augenblick eine besonders gute Schmierung, damit die Knorpeloberfläche nicht zu stark belastet und u.U. sogar beschädigt wird. Nun kann man sich vorstellen, daß eine wasserartige Schmierflüssigkeit mit der Zeit aus dem Gelenkspalt eines gewichtsbelasteten Gelenks, z.B. einem Kniegelenk, herausgepreßt wird, wenn man lange ohne Bewegung darauf steht. Damit wäre gerade dann keine Schmierflüssigkeit mehr zwischen den Gelenkknorpeln, wenn man sie ganz besonders braucht. Durch das hohe Molekulargewicht der normalen menschlichen Hyaluronsäure verknäuelt sich diese nun aber und bildet damit so eine Art biologisches Kugellager, das die Gelenkflächen auch auseinanderhält, wenn sie sich nicht bewegen. Durch mehrere unterschiedliche, sich ergänzende Faktoren kommt es nun. dabei dazu, daß diese hochmolekulare Hyaluronsäure auch unter einer starken Belastung der Gelenkflächen nicht aus dem Gelenkspalt herausgedrückt wird. Die hohe, honigartige Viskosität ist schon für sich alleine genommen ein Faktor, der einem zu schnellen Abpressen der Gelenkschmiere aus dem Gelenkspalt entgegenwirkt. Der wesentliche Faktor ist die gute Ergänzung der Zusammensetzung der Hyaluronsäure und des Gelenkknorpels. Die Oberfläche des normalen menschlichen Gelenkknorpels ist nämlich nicht glatt, sondern weist eine ganz zarte wellige oder besser hügelige Oberflächenstruktur auf. In diesen winzigen kleinen Vertiefungen liegen nun diese Art Hyaluronsäurekügelchen. Erfolgt im Gelenkspalt keine Bewegung nach rechts oder nach links, sondern wird das Gelenk nur von oben nach unten belastet, werden nun diese Hyaluronsäure“kügelchen“ zusammengedrückt und würden unter Umständen sogar nach rechts oder links aus dem Gelenkspalt herausgedrückt. Je höher der Druck aber wird, umso mehr werden sie in die kleinen Grübchen des Gelenkknorpels hereingepreßt und dadurch zugleich daran gehindert, zur Seite wegzurutschen. Ein dritter Faktor ist durch biochemische Wechselwirkungen die Neigung der Hyaluronsäure sich am Gelenkknorpel festzuhalten. Wenn nun die Bewegung einsetzt und vor allem bei schnellen Gelenkbewegungen auch hohe Schergeschwindigkeiten im Gelenkspalt entstehen, ist eine hohe Viskosität der Schmierflüssigkeit ungünstig. Die hohe „Klebrigkeit“ und Zähigkeit der Gelenkschmiere würde zum einen hohe Gelenkgeschwindigkeiten gar nicht erst zulassen. Zum anderen würde die hohe Viskosität der Schmiere mit zunehmender Geschwindigkeit der Gelenkbewegung die Kraft im Gelenkspalt und die Reibung stark ansteigen lassen. Dies ginge aber gleichzeitig mit einer höheren Belastung der Gelenkflächen und einer starken mechanischen Beanspruchung des Gelenkknorpels einher. Die normale, gesunde menschliche Gelenkflüssigkeit passt sich durch die besonderen Eigenschaft der hochmolekularen Hyaluronsäure an die Art der Belastung, insbesondere die Schergeschwindigkeit zwischen den beiden gegenüberliegenden Gelenkflächen an. Die bedeutet, daß die Gelenkflüssigkeit umso hochvisköser, „klebriger“ und zähflüssiger wird, je niedriger die Schergeschwindigkeiten sind, und daß ihre Viskosität umso mehr abnimmt und sie immer „flüssiger“ wird, je höher die Schergeschwindigkeiten werden.
Die Behandlung einer Arthrose mit der intraartikulären Injektion von Hyaluronsäure ist für viele Patienten eine sehr gute Behandlungsmöglichkeit. Ob sie zum Einsatz kommen sollte, hängt allerdings von mehreren Faktoren ab:
Wie stark ist die Arthrose ausgeprägt (z.B. beginnende Arthrose oder sehr weit fortgeschrittene Arthrose)? Bei einer beginnenden Arthrose ist die Behandlung mit intraartikulären Injektionen von Hyaluronsäure effektiver als bei einer Arthrose im „Endstadium“; grundsätzlich kann man von der Tendenz her sagen, daß die Therapie umso wirksamer ist, je mehr Gelenkknorpel im Gelenk noch vorhanden ist. Es werden auch zum Teil noch bei höhergradigen Arthrosen noch ganz gute Erfolge mit intraartikulären Injektionen von Hyaluronsäure erzielt. Woher kommt der Schmerz? Ist der Schmerz entzündlich bedingt („aktivierte Arthrose“), d.h. besteht nicht nur ein belastungsabhängiger Schmerz, sondern auch ein Ruheschmerz? Oder gar ein Nachtschmerz? In solchen Fällen sollte erst die Entzündung wirksam behandelt werden, da sonst die ins Gelenk gespritzte Hyaluronsäure sehr schnell durch die Entzündungsstoffe im Gelenk abgebaut wird und nicht ausreichend wirken kann.
Ist der Schmerz vor allem belastungsabhängig?
In diesem Fall spielt die vermehrte Reibung im Gelenk eine wichtige Rolle. Da die intraartikuläre Injektion von Hyaluronsäure in erster Linie die Gelenkschmierung bedeutend verbessert und die Reibung im Gelenk beträchtlich reduziert, ist hier der Effekt der Injektion am schnellsten.